Februar 2006 / PLAYBOY / Interview

„Ich bin jedem Hormon dankbar, das abhaut“

HERBERT FEUERSTEIN war schon lustig, lange bevor es die Gattung Comedy gab. Und er ist es immer noch. Vor allem, wenn er über seine Komplexe, die Frauen und den Tod sinniert.

Sie haben vor 13 Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft abgelegt und wurden Deutscher. Seitdem geht es mit Österreich bergauf, mit Deutschland abwärts. Sehen Sie da einen Zusammenhang?

 

  1. Mit Sicherheit. Es sind ja mehr und mehr Leute, die aus Österreich kommen und Deutschland erfolgreich unterwandern.

 

  1. Zum Beispiel?

 

  1. Die Fernsehleute Thoma, Zeiler und Kofler, die ganzen Theatermacher, aber auch so schreckliche Typen wie André Heller. Wir alle tragen in uns die genetische Verpflichtung, den österreichischen Schmäh in der Welt zu verbreiten. Ich glaube, das Christentum ist so ähnlich entstanden – hinausgehen und predigen. Und weil das einigermaßen erfolgreich läuft, sind wir schlimmen Typen weg von Österreich. Dadurch geht es dort wirtschaftlich enorm aufwärts, mit weniger Arbeitslosen und mehr Vernunft – während wir das Virus der Verarschung nach Deutschland verpflanzen, mit den entsprechenden Folgen.

 

Warum Deutschland?

 

Wegen der ähnlichen Sprache. Man glaubt, man versteht sich. Wobei es mir eigentlich egal ist, wo ich bin. Ich fühle mich in der ganzen Welt nicht zu Hause.

 

Wie sehen Sie die Zukunft?

 

Pessimistisch. Nicht nur, was Deutschland betrifft, sondern auch Europa und die ganze so genannte westliche Zivilisation. Ich meine, dass wir so allmählich dem Untergang geweiht sind.

 

Was für ein Bild der Deutschen treffen Sie auf Ihren Reisen an?

 

Ein viel zu gutes, obwohl ich ein schlechtes Beispiel bin. Ich habe manchmal Schwierigkeiten, wenn mich Leute im tiefsten Afrika nach einem gewissen Ballack fragen, den ich nicht kenne. Da wird gleich angezweifelt, dass ich Deutscher bin. Aber man kann sich mit einem deutschen Pass wunderbar in der Welt tummeln und ist überall willkommen.

 

Sind Sie ein Abenteurer?

 

Eher neugierig als ein Abenteurer. Reinhold Messner ist ein Abenteurer. Obwohl ich auch mal mit Reinhold Messner gewandert bin. Aber nur 100 Meter.

 

Wieso nur 100 Meter?

 

Das war in Südtirol, auf einer Burgruine beim Drehen. Messner geht sehr unbekümmert voran. Er dreht sich nie um und nimmt keine Rücksicht. Wenn man da mithalten will, kommt man schwer ins Keuchen, während Messner wie ein Steinbock durch die Gegend springt. Unsereins muss sehen, wo man hintritt, ihn kümmert das nicht. Es gibt ja die Geschichte, wie er mit dem Arved Fuchs zum Südpol gelaufen ist. Da hat er erst nach 300 Kilometern gemerkt, dass der Fuchs gar nicht mehr neben ihm war.

 

Ist das der Autismus von Genies?

 

Klingt gut, weil ich nämlich auch ein paar ausgeprägte soziopathische Züge habe. Ich könnte nie am Biertisch sitzen und kumpelhaft plaudern. Ich gehe nie auf Partys. Sie werden mich nie grundlos in der Öffentlichkeit sehen, auch meine Frau nicht.

 

Wer erledigt die Einkäufe?

 

Da teilen wir uns den Schmerz. Sie geht zum Supermarkt und ich auf den Wochenmarkt. Rundherum ist die Post, der Zeitungskiosk und der Metzger. Das schaffe ich innerhalb von zehn Minuten. Mein Überlebensbereich, den ich niemals verlasse.

 

Außer wenn Sie verreisen.

 

Wenn ich mal ein bisschen Ruhe haben will, dann muss ich verreisen. Da reicht auch schon eine so abwegige Stadt wie München. Ich muss nicht extra zum Kap Hoorn.

 

Was ist denn der schlimmste Ort, an dem Sie jemals waren?

 

Köln im Karneval. Also Weiberfastnacht und so weiter. Können Sie das bitte in der Kölner Ausgabe des Playboy schwärzen?

 

Nein