März 2007 / PLAYBOY / Interview

„Fernsehen macht uns alle doof“

Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst. Oliver Kalkofe, Deutschlands bissigster TV-Kritiker, über den desolaten Zustand des Programms, den Versuch, besser zu unterhalten – und seinen schwerbehinderten Rehpinscher

Herr Kalkofe, sagen Sie doch mal was Positives übers deutsche Fernsehen.

 

Kalkofe: Es gibt überdurchschnittlich viele Kanäle, auf denen man theoretisch sehr viele schöne Programme senden könnte. Man beachte den Konjunktiv.

 

Die Lage ist also hoffnungslos?

 

Wenn es eine Neustart-Taste gäbe, würde ich sie sofort drücken. Oder wir sprengen die Sender und rufen eine kulturelle Revolution aus: „Hört auf, uns zu verarschen und zu verachten.“

 

Vielleicht wollen wir genau das? Die Quoten scheinen doch zu stimmen?

 

Es gibt eine ganz große Menge von simplen Geistern. In jedem Land auf der Welt. Und für die gibt es einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Es ist ja auch überhaupt nichts dagegen zu sagen, den zu bedienen. Aber eben nicht nur.

 

Offenbar ist es schwer, ein Format zu entwickeln, das zugleich unterhält und bildet. Was könnten Sie sich vorstellen?

 

Ich habe ja gar nicht den Anspruch, dass Fernsehen mich bilden soll. Es soll mich nur nicht verblöden. Ich möchte unterhalten und überrascht werden. Die Amerikaner machen es uns ja vor und produzieren permanent tolle Serien wie „Lost“ oder „24“.

 

Wer trägt die Schuld?

 

Die Programmmacher. Deshalb haben wir das traurigste Fernsehprogramm der Welt. Unglaublich eigentlich, denn wir haben gleichzeitig eines der vielschichtigsten. Viele Sender, viele Möglichkeiten, viel Geld. Aber es gibt überhaupt keinen Willen mehr, etwas Eigenes zu kreieren. Wir sind in einer furchtbaren Zeit des Stillstands.

 

Woran liegt das?

 

Die Macher haben Angst. So bitter es ist: Die wollen nur überleben. Ohne Arbeit. Beim Fernsehen möglichst gut verdienen, eine große Fresse haben, auf ein paar Empfänge gehen und ein paar Promis  kennen. Das ist die Motivation der meisten. Es ist unfassbar, mit wie wenig Geld und Aufwand da etwas gemacht wird und mit wie wenig Liebe zum Detail. Die sagen sich: „Hey, wir können Stunden füllen, indem wir ein Flipchart aufstellen, einen armen Vollidioten da hinstellen, der nach vorn guckt und sich vier Stunden vor dem gleichen Bilderrätsel den Restverstand aus der Rübe labert. Es funktioniert. Und die Trottel rufen noch an und finanzieren uns den Dreck.“ Und weil das geht, wird es gemacht.

 

Mit Ihrer eigenen Sendung, „Kalkofes Mattscheibe“, profitieren Sie geradezu von diesen Inhalten …

 

… stimmt, ich lebe quasi parasitär von dem Ungesunden des Mediums, quelle als Pickel raus und zeige das.

 

Wie oft kommt es vor, dass sich Parodierte bei Ihnen beschweren?

 

Ab und zu schon. Judith & Mel zum Beispiel, das Heimatduo, die nannte ich mal die „Gandersheimer Gesichtsbaracken“. Immer wenn wir die in der „Mattscheibe“ hatten, kam danach ein heftiger Beschwer